In Vorbereitung auf den Revolution-Train-Aufenthalt vom 19.9-25.9.19 am Erfurter Zughafen hatte der SuPEr e.V. zu einem Elternabend in die IGS eingeladen. Ziel der Veranstaltung war es, Eltern rechtzeitig genug in die Präventionsarbeit einzubeziehen. Als Format wurde eine Podiumsdiskussion mit Experten geboten mit anschließender, breit angelegter Diskussion.
Die beiden Vorsitzenden des Vereins, Prof. Dr. Marion Eich-Born und Dr. Denise Lundershausen führten durch die Veranstaltung.Beide konstatierten, dass die Anfragen der weiterführenden Schulen, klassenweise den Zug besuchen zu wollen,trotz des zusätzlichen Besuchstags in diesem Jahr (5 Tage) die Möglichkeiten des Vereins übersteige: von den ca. 2700 Anmeldungen können leider nur 2250 schulische Besuche an den 4 Wochentagen berücksichtigt werden (19.,23.-25.9.). Am Internationalen Kindertag erhalten jedoch Eltern die Gelegenheit, den Zug zusammen mit ihren Kindern zu erleben.
Dass dieser Zug in der Präventionsarbeit eine sehr wichtige Rolle spielt, bestätigten gleich zu Anfang alle Podiumsexperten. Marcus Kaiser, der Leiter der Landesvertretung der DAK-Gesundheit und diesjährige Sponsor des Projekts, Polizeioberkommissarin Wendy Oswald, Polizeikommissar Daniel Weise und Oberstaatsanwalt Strewe. Aus ihren unterschiedlichen beruflichen Perspektiven bescheinigten sie steigenden Konsum der beiden Szene-Drogen Cannabis und Crystal-Meth. Erschreckend sei der Vormarsch von Crystal Meth. „CM droht Alkohol den Rang abzulaufen. Im vergangenen Jahr sind allein 8.025 Thüringer als CM-Abhängige bekannt geworden. Auch der Alkoholmissbrauch ist akut: 2017 mussten 620 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus. Nach Zahlen des Thüringer Landesamtes für Statistik gab es im Vergleich zum Vorjahr mehr als 17 Prozent mehr jugendliche Komasäufer.Die Zahlen belegen, wir müssen die Aufklärungsarbeit verstärken. Deshalb unterstützen wir in diesem Jahr den SuPEr e.V. mit 50.000 Euro,“ so Marcus Kaiser.
Herr Strewe verwies auf die eher beruhigende Wirkung von Cannabis und die aufputschende Wirkung von Crystal-Meth. Von medizinischer Seite verwies Frau Dr. Lundershausen zum CM-Konsum auf hyperaktive Wachheit, unbändige Energie, Aktionismus und Zuversicht, gekoppelt mit Appetitlosigkeit, wobei der Zustand ca. sechs bis acht Stunden anhalten kann bei manchen Konsumenten auch länger. Danach komme der physische und psychische Absturz. Prof. Eich-Born verwies im Zusammenhang mit Cannabis-Konsum auf eine kanadische Studie, die an jugendlichen, noch nicht ausgereiften Gehirnen langfristige Schäden wie etwa Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen aber auch Psychosen nachgewiesen hat. Hintergrund sei die höhere THC- Konzentration, die durch Züchtungen möglich geworden sei. Insofern sei Cannabis von heute nicht mehr zu vergleichen mit Cannabis von vor 20 Jahren.
Eltern kommt der wichtigste Part in der Prävention zu, betonte Daniel Weise. Hohe Achtsamkeit im Umgang miteinander sei gefragt. Eltern kennen ihre Kinder am besten, insofern sollten ihnen auch auffällige Verhaltensänderungen auffallen. In Studien werden immer wieder neben erweiterten Pupillen, starker Rückzug, Probleme, den Alltag zu strukturieren und zu bewältigen, Schulverweigerung (auch Mobbinghintergrund), im Fall von CM-Konsum zusätzlich körperliche Veränderungen wieAbmagerung, lichtes, stumpfes Haar, veränderte Haut (Flecken) genannt.
Drogenkonsum hat u.a. eine soziale Komponente. Die Loslösung vom Elternhaus in der Pubertät ist mit der Zuwendung zur Peer-Group verbunden. Neugier, Langeweile und Zugehörigkeitsgefühle spielen eine Rolle. Der Aufforderung von Gleichaltrigen doch mal zu „chillen“ kommen Jugendliche durch Gruppendruck dann oftmals nach, ohne zu ahnen, auf was sie sich dann einlassen. Andererseits haben Jugendliche heute eine viel geringere Frustrationstoleranz. Wer von seinen Eltern Schritt für Schritt an zu bewältigende Herausforderungen herangeführt wird, fasst Zutrauen und entwickelt Selbstbewusstsein. Fehlt dies, so kann Drogenkonsum gefühlsseitig die Möglichkeit bieten, der Realität zu entfliehen und sich, wenn auch nur für kurze Zeit, besser zu fühlen.
Alle Podiumsteilnehmer verwiesen auf die Notwendigkeit mit Kindern viel gemeinsame Zeit zu verbringen, in der Freizeit gemeinsame Erlebnisse zu schaffen und in beständiger Kommunikation zu bleiben.Frau Dr. Lundershausen richtete einen Appell an die Eltern: „Wir haben versucht, deutlich zu machen, wie wichtig es ist, unseren Kindern und Jugendlichen die „Macht“ der Drogen klar zu machen. In erster Linie sind wir als Eltern gefordert. Das Elternhaus ist primär für die ICH-Stärkung der Kinder wichtig und sollte ihnen Halt auch in Notsituationen geben!“
Prof. Eich-Born verwies auf die Empfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:
Die Schulen bereiten auf unterschiedliche Weise die Schüler auf den Besuch des Anti-Drogen-Zugs vor. In jedem Fall sind alle bei der Stoffvermittlung aktiv und viele haben bereits die Präventionsbeamten der Polizei wie auch Oberstaatsanwalt Strewe in die Lehrer- und Klassenzimmer eingeladen. Von den beiden Polizeibeamten wurde noch einmal nachdrücklich auf dievorrangige Rolle der Elternhäuser hingewiesen, in ständiger Kommunikation mit den eigenen Kindern zu bleiben. Das Besuchsangebot für den Zug am 20.9. 19 sei eine ideale Gelegenheit, die Kommunikation zum Thema in Gang zu halten.
Wendy Oswald: „Leider reagieren Eltern nicht immer angemessen mit Einsicht zur Problematik, sondern es kommt öfter vor, dass sie mit Anwälten ihren Kindern aus dem Strafverfahren verhelfen und sie ihre schützenden Hände über sie legen. So kann weder mit Maßnahmen des Jugendstrafrechts, noch mit der Erfahrung etwas Unrechtes getan zu haben, der Prozess zur Einsicht beim Kind erreicht werden. Jene Eltern erscheinen dann aber völlig hilflos, wenn das Kind süchtig und sprichwörtlich in den Brunnen gefallen ist bei der Polizei. Sie bitten um Hilfe, ihr Kind aus der Szene herauszuholen und von weiterem Konsum abzuhalten. Leider kann dies nicht funktionieren. Eltern müssen definitiv die Problematik mit ihren Kindern möglichst vor bestehender Sucht besprechen und wenn nötig mit Unterstützung durch die Suchtberatungsstelle oder das Jugendamt bearbeiten.“ In Erfurt können sich Eltern zur Unterstützung an den Knackpunkt in der Heinrichstraße 95 wenden.